Immer häufiger hört man von Aquarianern, daß sie ihr Fischfutter nicht selbst fangen. Teilweise weil sie nicht wissen wo und wie sie ihr Futter selbst fangen können, teilweise weil sie Angst haben, sie könnten sich Krankheiten in die Aquarien einschleppen. Aus diesem Grund kaufen viele ihr Lebendfutter in den Zoofachgeschäften oder verzichten ganz auf diese natürliche Ernährung der Fische und verwenden nur Frost- oder Trockenfutter. Das handelsübliche Trockenfutter, sei es als Flockenfutter, Granulat oder Tablettenform, ist zwar, was den Nährwert und die Vitamine angeht, sehr gut, aber zu einer abwechslungsreichen Ernährung der Fische gehört nach meiner Meinung wesentlich mehr.
Es gibt keinen Zweifel, daß Lebendfutter das Beste für unsere Pfleglinge ist, denn es ist das einzige Futter, welches sie in der Natur vorfinden. Mit der Ernährung durch dieses natürliche Futter erhöhen wir das Wohlbefinden unserer Tiere erheblich. Sie danken es uns durch ihr natürliches Verhalten und zeigen es auch in ihrer Farbenpracht. Also kommt es über einen Umweg auch uns zugute.
Fast während des gesamten Jahres können wir Lebendfutter fangen. Aber bedenken Sie bitte auch, daß sich einige Fische vegetarisch ernähren und pflanzliche Kost benötigen.
Wo finden wir Lebendfutter, das für unsere Pfleglinge geeignet ist? Eigentlich in jedem Tümpel, Graben oder Bach in unserer Nähe. Auch Regentonnen im eigenen Garten sind häufig ein guter Fangplatz. Selbstverständlich sind vor dem Fang von Lebendfutter die Tier- und Naturschutzbestimmungen und die Eigentumsverhältnisse zu beachten. Wenn die von uns gewählten Gewässer möglichst frei von Abwässern sind und die erwähnten Bestimmungen nicht gegen uns sprechen, dann benötigen wir nur noch die richtige Ausrüstung und das Fangen von Futter für unsere Aquarienfische kann beginnen.
a) Das Fangnetz (Kescher)
Das Fangnetz sollte sehr engmaschig sein und seine Länge sollte im Verhältnis 3:1 zu seinem Durchmesser stehen. Der Dorchmesser sollte sich zum Ende des Netzes verringern, dadurch kann sich beim Ziehen durch das Wasser eine Luftblase im Netz bilden. In dieser Luftblase kann sich das gefangene Futter sammeln, ohne durch das durchströmende Wasser zerdrückt zu werden. Stock und Kescherbügel erhalten wir im Zoo- oder Angelfachgeschäft. Für das Netz eignet sich ein feinmaschiger Perlonstoff besonders gut, denn die Kunstfaser ist wesentlich unempfindlicher gegen die Nässe als eine Naturfaser.
b) Die Transporteinrichtung
Zum Transport des gefangenen Futters eignet sich ein Eimer mit festschließendem Deckel oder sog. "Futterrahmen". Beim Transport im Eimer, kann es je nach Gewässer sinnvoll sein, auch ein grobes Sieb mitzuführen. Hiermit lassen sich Blätter, Vogelfedern oder auch größere Insektenlarven leicht aus dem Futter entfernen. (Die Insektenlarven geben wir natürlich in das Gewässer zurück.) Ein Futterrahmen ist ein mit einer feinmaschigen Gaze bespannter Holzrahmen, auf dem das Futter transportiert wird.
Zum Fangen von Futter wird das Netz langsam in Kreisen oder in einer Acht durch das Wasser geführt. Durch das Beschreiben eines Kreises oder einer Acht entsteht im Wasser ein Sog, der auch etwas entfernteres Futter in den kescher saugt.
Als Futter für usere Fische eignen sich sehr viele Lebewesen aus unseren Gewässern. Hier möchte ich Ihnen nur die bekanntesten vorstellen. Sie kommen am häufigsten in unseren Gewässern vor und sind deshalb am einfachsten für uns zu fangen.
Wasserflöhe (Daphnien) sind eine Kleinkrebsart, die eine Beikost darstellen. Ihr Chitinpanzer und ihr mit einzelligen Algen gefüllter Darm sind ein ballaststoffreiches Futter, das die Verdauung unserer pfleglinge anregt. Wasserflöhe halten sich einige Tage. Da ihr Sauerstoffbedarf sehr groß ist, sollte der Behälter eine möglichst große Oberfläche haben. Für Gartenbesitzer eignet sich eine ausrangierte Badewanne sehr gut. Aber auch in einem belüfteten Eimer können Wasserflöhe eine kurze Zeit gehalten werden.
Hüpferlinge (Cyclops) sind ebenfalls Kleinkrebse, die nur max. 3mm groß werden. Sie sind, besonders wenn sie rot gefärbt sind, ein sehr gutes Futter für unsere Aquarienpfleglinge und deren halbstarken Nachwuchs. kleine Jungfische sollten allerdings nicht mit Hüpferlingen gefüttert werden, da sich die Hüpferlinge mit ihren Scheren in deren Körper bohren können und sie anschließend anfressen.
Schwarze Mückenlarven sind die Larven der Stechmücken. Sie sind ein hervorragendes Futter für unsere Fische. Sie enthalten Vitamine und Eiweiß, welches viele Fische zum Laichen anregt. Schwarze Mückenlarven kommen sehr häufig in Regentonnen in unseren Gärten vor. Sie hängen an der Wasseroberfläche und tauchen schon bei der geringsten Erschütterung oder auch nur durch einen plötzlichen Schatten an den Grund des Gewässers ab. Also nähern Sie sich sehr vorsichtig und versuchen Sie schon mit dem ersten, schnellen Schlag des Fangnetzes viele Tiere zu erwischen. Sollte dies nicht gelingen, so verharren Sie eine Zeit sehr ruhig am Gewässer, die Mückenlarven tauchen nach einer krzen Zeit wieder auf um zu atmen. Achten Sie beim Verfüttern von schwarzen Mückenlarven darauf, daß alle sofort gefressen werden. Nicht gefressene Larven verpuppen sich im warmen Wasser unserer Aquarien sehr schnell und schlüpfen schon bald. Eine Mückenplage in der Wohnung wäre die unangenehme Folge. Das Schlüpfen der schwarzen Mückenlarve kann durch die Haltung in einer ca. 1/2%igen Kochsalzlösung um zwei bis drei Tage hinausgezögert werden.
Weiße Mückenlarven sind die Larven der nichtstechenden Büschelmücke. Sie sind fast durchsichtg und werden darum auch "Glasstäbchen" genannt. Da die weiße Mückenlarve nur in sehr sauberen Gewässern leben, wird es immer schwieriger dieses sehr gute Futter für unsere Aquarienfische zu finden. Auch bei diesen Larven gilt besondere Vorsicht beim Verfüttern an Jungfische!
Rote Mückenlarven sind die Larven der ebenfalls nichtstechenden Zuckmücke. Sie leben im schlammigen Bodengrund der Gewässer. Wegen der häufig hohen Schadstoffbelastung der Gewässerböden ist eine gründliche Wässerung der roten Mückenlarve zu empfehlen. Rote Mückenlarven lassen sich eine kurze Zeit auf nassem Zeitungspapier oder nasser Pappe halten. Hin und wieder schmarotzen die Larven von Fadenwürmern in roten Mückenlarven. Als auch hierbei gilt: Vorsicht beim Verfüttern an Jungfische!
Alle hier aufgeführten Futtertiere lassen sich bei sehr guten Fangergebnissen gut einfrieren und für spätere Verfütterung lagern.
Sollten Sie sich nun aufgrund meiner Schilderung entschließen Ihr Lebendfutter selbst zu fangen, so bedenken Sie bitte noch Folgendes: Nicht alle Gewässer sind gut zu erreichen. Beschädigen oder zerstören Sie nicht die Uferbepflanzung, sondern benutzen Sie ausreichend lange Kescherstiele. Achten Sie besonders im Frühjahr auf brütende oder Jungtiere führende Wasservögel. Verzichten Sie im Zweifel auf das selbstgefangene Lebendfutter und greifen Sie zum Trockenfutter, wenn es nicht anders geht. Fangen Sie bitte nur so viel Lebendfutter, wie Sie in kurzer Zeit verfüttern können. Es dient niemsndem, wenn Sie den größten Teil Ihres inzwischen gestorbenen Lebendfutter ins WC gießen.
Ein letzter Tipp:
Nehmen Sie zum Futterfang nicht nur Kescher und Eimer mit, sondern auch ein Bestimmungsbuch für die Tiere und Pflanzen an und in unseren heimischen Gewässern und nehmen Sie sich Zeit vor dem Fangen des Futters sich unsere Gewässer etwas näher anzusehen. Sie werden feststellen: Es lohnt sich!
Viel Spaß beim Futterfang!
Mathias Siegler